Die Schönste, der Größte, die Geilste – eigentlich bin ich kein Freund von Superlativen.
Bei diesem Artikel komme ich aber nicht drum herum, auf sie zurückzugreifen – hier gefällt es mir bisher auf unserer Reise einfach am besten!
Albarracín – das schönste Dorf Spaniens
Wir sind zum zweiten Mal in Albarracín, einem kleinen Ort, der auf 1171m Höhe (grob) zwischen Madrid und Valencia liegt.
Vor drei Jahren waren wir hier zum Bouldern, schließlich ist Albarracín so etwas wie das spanische Boulder-Mekka schlechthin.
Schon damals hat mir die Landschaft sehr gut gefallen.
- Die idyllisch im Wald verteilten Sandsteinblöcke, die sich teilweise zu Felsriesen auftürmen.
- Der mit Piniennadeln übersäte Boden, der jeden Schritt verschluckt und dem Wald eine wohltuende Ruhe verleiht.
- Die weiten Ausblicke, die man von den zahlreichen Felskuppen genießen kann.
Abgesehen von einem Abstecher in den historischen Ort habe ich damals nicht mehr gesehen.
Dabei zählt Albarracín zu den schönsten Dörfern Spaniens.
Autsch …
Dieses Mal kommt es anders als geplant, wie so oft im Leben.
Ich verstauche mir beim Bouldern den Fuß und bin außer Gefecht gesetzt. Tolle Wurst!
Nach zwei Tagen absoluter Schonung kribbelt es mir am dritten in den Beinen.
Wenn ich schon nicht bouldern kann, möchte ich wenigstens etwas mehr von der Umgebung sehen.
Außerdem hat mir der spanische Sportmasseur, den wir zufällig beim Bouldern kennengelernt haben, sanftes Spazierengehen verordnet.
„Warte, nur noch ein Foto“
Zuerst brechen wir in den Ort auf, um ein paar Lebensmittel und Wasser zu besorgen.
Bei unserem Rundgang durch Albarracín kommen wir allerdings kaum von der Stelle. Ständig bleibe ich stehen, um ein Foto nach dem anderen zu schießen.
- „Hey Steve, hast du das gesehen? Das ist ja der Hammer“
- „Wow, das Haus ist ja unglaublich“
- “Was für eine Aussicht, ich fasse es nicht“
Eine Stunde später und um mindestens zwanzig Bilder reicher fahren wir wieder zu unserem Stammparkplatz im Bouldergebiet.
Das Wandern ist der Nimas Lust
Hier beginnen verschiedene leichte Wanderungen und Rundwege, die wir uns jetzt anschauen wollen.
Auch ein paar Aussichtspunke gibt es.
Normalerweise mache ich um solche Hotspots einen großen Bogen, da mir das irgendwie zu touristisch erscheint – heute nicht.
Gemütlich schlendern wir mit Luna und Jule durch den Wald, vorbei an historischen Malereien, die durch Gitter geschützt werden.
Nach ungefähr 20 Minuten erreichen wir einen der Aussichtspunkte und ich bin sprachlos:
Vor uns breitet sich eine herbstliche Farbenpracht aus, die fast künstlich wirkt.
- Das Grün der Pinien ist so kräftig, als hätte sie jemand angemalt.
- Dazu das Rot des Sandsteins, die gelben Blätter der vereinzelten Laubbäume und der strahlend blaue Himmel – ein Traum!
Steve und ich bleiben für eine ganze Weile stehen und genießen den Moment.
Um uns herum nichts als Ruhe und diese fabelhafte Kulisse. Das also ist der Grund, weshalb es Aussichtspunkte gibt …
Bis auf ein paar Spaziergänger trifft man hier unter der Woche fast niemanden an: Die Boulderer hängen an den Felsen, die Einheimischen kommen erst am Wochenende.
Und so hat man diesen besonderen Ort ganz für sich alleine!
Hmmm, das riecht so gut
Während Steve zurück zum Bus geht, laufe ich noch etwas weiter.
So gerne würde ich mit euch die Gerüche teilen, die mir in die Nase steigen:
Der kräftige Geruch der Pinien vermischt sich mit dem starken Aroma von Thymian und frischem Rosmarin. Eine Mischung, wie ich sie aus Spanien kenne und liebe!
Die Sonne schimmert durch die Bäume und taucht die Landschaft in ein warmes Licht.
Wer hat an der Uhr gedreht?
Zurück am Horst sind Stunden vergangen.
Die Sierra de Albarracín hat mich in ihren Bann gezogen: Mit einem Wald, der mysthisch wirkt, aber nie furchteinflößend.
Es geht etwas Besonderes, etwas Kraftvolles von dieser Landschaft aus und damit hat mich Albarracín um den Finger gewickelt.
Tja, jetzt weiß ich, dass Liebe auf den zweiten Blick exisitiert. Und mich hat es in diesem Fall ganz schön erwischt …
- Die kleine Bäckerei gegenüber vom Supermarkt ist bei den Einheimischen über die Dorfgrenzen hinaus beliebt! Sie ist winzig klein, aber das Brot ist umso besser!
- In der Käserei „Sierra de Albarracín” könnt ihr den hauseigenen Schafskäse verkosten, bevor ihr euch für einen entscheidet. Und dass ihr einen mitnehmt, darauf würde ich wetten.
In unseren Einkaufskorb ist jedenfalls der Rotweinkäse gewandert.
Anreise und Unterkunft:
- Mit dem Mietwagen von Valencia 180 km oder von Madrid 290 km.
- Bei den Unterkünften könnt ihr zwischen einigen Hotels wählen, auf den Campingplatz gehen oder euch in diesem Gästehaus einmieten.
Infos zu den Wanderungen:
Hier ist für jeden etwas dabei: Von kurz bis lang, von einfach bis anstrengend.
Auch für Hunde ist dieses Gebiet ein Traum! Die meisten spanischen Boulderer haben übrigens Hunde dabei und die Stimmung ist immer sehr entspannt.
Albarracín ist tatsächlich ein Ort der Superlative, nicht nur was das Dorf betrifft.
Wer hier nur zum Bouldern hinfährt, verpasst eine ganze Menge!
Hallo Nima,
vielen Dank für Deinen Bericht uns die schönen Fotos.
Viele Grüße
Ferdi
Hola Ferdi,
sehr gerne 🙂
Liebe Grüße
Nima
Hola Nima,
danke für die Einblicke. Wenn wir mal wieder dort sind, schauen wir da sicher vorbei.
Ich musste etwas schmunzeln bei der Bildbeschreibung. Da habe ich erst gelesen “Überall liegen sie herum, die Menschen mit Matten” 😀 hörte sich nach faulen Boulderern an!
Die Boulder sehen jedenfalls echt gut aus. Und wenn sie in der Nähe von einem so schönen Dorf sind, umso besser. Das ist das Schöne in Spanien: Das Einkehren nach dem Bouldern/Klettern 🙂
Sonnige Grüße aus Antofagasta!
Stefanie
So schön und ich habe es verpasst, jetzt könnte ich heulen…
Über Ostern war ich zufällig, auf der Suche nach einem ruhigen Plätzchen, eine Nacht dort und bin direkt am Folgetag fortgefahren, da es für mich unerträglich voll war, die Steine, der Wald, der Picknickplatz, der Ort – überall Massen von Menschen. Ich war sehr traurig, da es auf der Karte sehr abgeschieden und idyllisch aussah, Vorwissen über den Ruhm des Ortes hatte ich nicht, umso erstaunter bin ich gerade, zufällig bei euch drüber zu stolpern – danke für den Artikel. 🙂
“Und so hat man diesen besonderen Ort ganz für sich alleine!”
Unter diesen Umständen muss es dort wirklich traumhaft sein, das nächste Mal. 🙂
Alles liebe,
Floe
Hey Floe,
ohje, das hört sich ja übel an.
Es hängt wahrscheinlich sehr stark von der Jahreszeit und Feiertagen ab. Ab Wochenende sind dort viele Spanier zum Wandern unterwegs und Boulderer trifft man ganzjährig an.
Verlässt man aber die Hauptwege, ist das Gebiet unendlich groß und bietet ausreichend Rückzugsmöglichkeiten.
Beim Wildcampen sieht es etwas anders aus. Da würde ich tatsächlich auf dem Hautparkplatz bleiben, weil es dort (bisher) gedultet wird. Überall sonst ist es zwischen 22.00 Uhr und 7.00 Uhr verboten zu parken, da es ein Naturpark ist.
Beim nächsten Mal hast du bestimmt eine bessere Zeit 🙂
Liebe Grüße
Nima
Hallo Nima,
die Fotos sind wirklich sehr verführerisch. Vor zwei Jahren wäre ich fast nach Albarracin gekommen, ich hatte in Cees Nootebooms Klassiker “Der Umweg nach Santiago” davon gelesen. Nooteboom bedauert darin, dass Spaniens schöne historische Orte bei uns so viel unbekannter sind, als die in Italien oder Frankreich, obwohl es ihm andererseits gefiel, dass es nicht überlaufen sei. Hat sich inzwischen wohl etwas geändert.
Ohne Auto unterwegs, wie ich damals in Spanien herumreiste, ist man von den Fahrzeiten der Busse abhängig und der Bus von Téruel (Süd-Aragón, eine Kleinstadt mit wunderschönen Türmen im maurischen Mudejar-Stil ) dort hin wäre erst am nächsten Tag wieder gefahren. Eine passende Übernachtungsmöglichkeit fand ich nicht so schnell und so beschloss ich, die Nacht in einem Alsa-Bus zu verbringen – Richtung Süden. Mein Hauptziel war nämlich die Sierra de Cazorla Segura y las Villas in Ost-Andalusien (Region Jaén).
Mit dem Bus kam ich erstmal bis Alicante, wo ich den Rest der Nacht am Strand auf meinem Gepäck schlief, was nicht verboten ist, aber im Sommer ein wenig laut…trotzdem war es gemütlicher als die vorherigen Nachtstunden in der Grünanlage bei der Festung von Tarragona, wo mich die Sprinkler-Anlage morgens sehr frisch geweckt hatte.
Damit waren die abenteuerlichen Nächte nicht vorbei – in den nächsten frühen Morgenstunden taumelte ich schlaftrunken aus dem folgenden Bus und ließ dabei meinen Rucksack mit sämtlichen Papieren und fast dem gesamten Geld darin liegen: Auf der ohne Auto recht komplizierten Anreise zum Naturpark (der Sierra de Cazorla) gestrandet in einem andalusischen Dorf!
Ein paar Lebensmittel hatte ich, als nunmehr “illegale Einwandererin” noch in der Tragetasche – und 15€. Die reichten zum Glück gerade für eine Übernachtung im preiswertesten Hostel, zu dem mich eine Einheimische, die gerade mit ihrer Mutter aus der Sonntagsmesse kam, führte.
Ach ja, es war auch noch Sonntag und die Touristen-Info hatte geschlossen! Am Sonntag. Ausländische Touristen kommen anscheinend nur an Wochentagen, sofern es sie überhaupt in diese entlegene Gegend verschlägt. Immerhin gibt es ein paar Schutzkeller aus dem Bürgerkrieg zu besichtigen und das Dörfchen ist ganz hübsch, wenn auch nicht zu vergleichen mit Albarracin.
Kein Mensch sprach deutsch, kaum jemand ein paar Brocken englisch und ich beschloss an diesem Tag spanisch zu lernen, denn das Rucksack-Drama den Schalterbeamten des Busbahnhofs per Wörterbuch zu erklären war doch sehr mühsam. Ich wusste nicht, ob sie mich verstanden hatten und den richtigen Bus kontaktierten und immer saß da wieder jemand anders hinter der Glasscheibe und ich konnte von vorn anfangen. Wenn es nicht klappte, würde ich mich bei der Poliizei melden müssen – oder beim deutschen Konsulat?
Meine Freunde zuhause in Panik zu versetzen und mein peinliches Ungeschick zu offenbaren kam für mich erstmal nicht infrage. Ich überlegte nüchtern, was schlimmstenfalls passieren könnte. Im Hostel kauerte ich mich dann auf den kleinen Balkon, zündete ein Teelicht an und meditierte, dass alles gut ausgehen möge.
Und das tat es zum Glück: Mitte des nächsten spannungsgeladenen Tages winkte mir der Junge am Schalter plötzlich mit meinem Rucksack entgegen, den ein anderer Bus mit zurückgebracht hatte. Noch ein paar Dörfer weiter erreichte ich mit dem einzigen Taxi, das dorthin fährt – der Fahrer heißt Andrés – von dem schönen Ort Cazorla aus den Campingplatz in der Sierra (Wildcampen im Naturpark verboten!)und verbrachte dort vergleichsweise solide 12 wunderschöne Tage in der Natur.
Albarracin ist ganz bestimmt ein anders Mal an der Reihe. Jetzt im August fahre ich mit einem Freund nach Nordwest-Spanien. Wilde Atlantik-Strände und das Hochgebirge der Picos de Europa und vielleicht bis nach Galicien. – Muchos Saludos! – Hella
Oh Mann, da hadt du ja echt etwas erlebt – Danke fürs Teilen mit uns 🙂
Und viel Spaß für eure Reise!
Das Kraftvolle und die intensiven Farben vieler Landschaften Spaniens beeindrucken mich auch immer wieder.
Sowie die Leere und Stille mancher Gegenden, die auch eine seltsame Kraft ausströmen. Das kann geradezu etwas Surreales haben.
Ja, das stimmt. Ich fühle mich auch von einigen Landschaften total in den Bann gezogen!